Informationen für Angehörige seh­be­hin­der­ter Senioren

Seh­ein­schränkungen auf Grund einer alters­ab­hän­gi­gen Makula­degeneration (AMD) oder einer anderen Auge­n­er­kran­kung wirken sich unmittelbar auf das alltägliche Leben aus. Angehörige spielen für Betroffene eine wichtige Rolle: Sie begleiten, unterstützen, trösten, hören zu, lesen vor, holen Informationen ein, kümmern sich. Hier haben wir einige Aspekte für Sie als Verwandte, Freunde und Bekannte seh­ein­ge­schränkter Senioren zusammen­gestellt.

Seh­ein­schränkungen verändern das alltägliche Leben

Für Sehende ist es schwierig, sich das veränderte Sehen mit einer AMD vorzustellen. Eine einfache Übung kann die Situation der Betroffenen ver­an­schau­li­chen: Schließen Sie ein Auge und halten Sie eine geschlossene Faust vor das offene Auge. Blicken Sie nun bewusst auf die Faust und realisieren Sie die Seheindrücke. Hält man die Faust relativ weit weg, so kann die Umgebung recht gut, wenn auch nicht scharf, gesehen werden. Allerdings ist es schon schwierig, kleine Schriften zu erkennen. Je näher Sie die Faust an das Auge halten, desto deutlicher wird ein ausgeprägter Sehverlust simuliert.

Ein Sehverlust muss verarbeitet werden

Sich mit der Erkrankung und den Ein­schränk­ungen aus­ein­an­der­zu­set­zen und diese anzunehmen, ist für die Betroffenen eine schwierige Aufgabe. Leider sagt einem niemand, wie das geht: Die Erkrankung annehmen. Von Trauernden weiß man, dass sie Zeit brauchen, um mit der neuen Situation zurecht­zu­kom­men. Auch den Verlust von Sehfähigkeit muss man verarbeiten, muss Gelegenheit zum Betrauern haben. Wer immer sehr gut gesehen hat, gewöhnt sich manchmal nur sehr mühsam an die Veränderung des Sehens und trauert dem (Seh)Verlust lange nach. Sie als Angehörige sollten versuchen, Geduld zu haben, die Betroffenen müssen sich mit der neuen Situation aus­einander­setzen.

Erkran­kungs­ver­a­r­bei­tung

Phasen der Behin­de­rungs­ver­a­r­bei­tung

Dieses Phasenmodell der unter­schied­lichen Stim­mungs­la­gen, in denen Patienten sich befinden, die von einer chronischen Erkrankung betroffen sind, hilft dabei, ihre Situation in einen ver­ständ­li­chen Kontext zu bringen.

Eine Auge­n­er­kran­kung bedeutet für die Betroffenen eine tiefe Erschüt­te­rung. Es können sich Gefühle von Ungewissheit, Bedrohung und Angst einstellen. Dazu fordert die Umwelt von den Betroffenen, die Erkrankung zu akzeptieren. Darüber, was Akzeptanz in diesem Rahmen bedeutet und wie diese Akzeptanz erreicht werden kann, wird hingegen in der Regel nicht gesprochen. Eva-Maria Glofke-Schulz ist Diplom-Psychologin und hat sich – auch aus dem Erleben einer eigenen Seh­be­hin­de­rung – intensiv mit der Thematik befasst und dazu geforscht.

Fünf Thesen zur Behin­de­rungs­ver­a­r­bei­tung:

1. Der von einer Seh­be­hin­de­rung betroffene Mensch hat Kompetenzen und erhebliche Spielräume bei der Gestaltung seiner Interaktionen sowie bei der Reor­ga­ni­sa­tion seiner Wahrnehmungs- und Wertesysteme.
Menschen haben die Fähigkeit, sich auf neue Situationen einzustellen.

2. Persönliche, soziale, kulturelle und materielle Ressourcen helfen aus der Krise hin­aus­zu­fin­den, die eine Seh­ver­schlecht­erung bedeutet.
Eine Aus­ein­ander­setzung mit der eigenen Per­sön­lich­keit, dem Wertesystem, den sozialen Beziehungen, aber auch eine Integration von Hilfsmitteln in den Alltag, helfen bei der Akzeptanz der Erkrankung.

3. Glofke-Schulz sagt: Eine Behin­de­rungs­ver­a­r­bei­tung hat eine bewusste und eine unbewusste Dimension.
Neben der aktiven Aus­ein­ander­setzung, dem Kennenlernen und der Nutzung von Hilfsmitteln sowie Gesprächen mit Angehörigen und Freunden, ist auch die unbewusste Aus­ein­ander­setzung ein wichtiger Aspekt. Sie beschreibt, dass z.B. Träumen „schöp­fe­ri­sche, infor­ma­ti­ons­ver­a­r­bei­tende, problem- und kon­flikt­lö­sende, das Selbst­wer­ter­le­ben regulierende, adaptive und kommunikative Aufgaben zukommen.“

4. Akzeptanz bedeutet, nicht nur die Erkrankung als solche, sondern auch die wie­der­keh­ren­den Erschüt­te­run­gen, Krisen und unauf­lös­ba­ren Widersprüche anzunehmen.
Spannungen und Krisen treten immer wieder auf und müssen gemeistert werden.

5. Akzeptanz bedeutet keine einseitige Anpassung des Betroffenen, sie ist keine Ein­bahn­straße, sondern auch die Umwelt ist gefragt und her­aus­ge­for­dert, sich mit den eigenen Wert­vor­stel­lun­gen aus­ein­an­der­zu­set­zen.
Voneinander lernen und sich gegenseitig bereichern nennt Glofke-Schulz dabei als Stichworte.

Phasen der Erkran­kungs­ver­a­r­bei­tung:

  • Ungewissheit
    „Was ist denn eigentlich los mit mir?“ – diffuse Selbst­wahr­neh­mung und Ver­un­si­che­rung
  • Gewissheit
    Die Situation wird ver­stan­des­mä­ßig begriffen, aber die Gefühle gehen nicht mit. Der Betroffene will nicht wahrhaben, dass er eine Seh­ein­schränk­ung hat.
  • Verleugnung – Hoffnung – Angst
    „Das kann doch nicht sein. Was sagen bloß die anderen. Das vergeht vielleicht doch noch. Es ist vielleicht ein Irrtum.“
  • Unmut – Wut – Aggression
    „Warum gerade ich?“ „Du hast leicht reden!“ Emotionale Gefühls­aus­brü­che, Anklagen gegen die Umgebung oder auch gegen sich selbst zeigen die tiefe Not der Betroffenen.
  • Verhandeln mit sich und anderen – Aufschub
    „Wenn ich schon die Tropfen nehme, dann...“. Zweit­mei­nun­gen werden von anderen Ärzten eingeholt oder alternative Therapien ausprobiert, um der drohenden Seh­ver­schlecht­erung zu entkommen. Da diese Aktivitäten nicht zu dem gewünschten Erfolg (Verbesserung der Sehfähigkeit) führen, kommt es häufig zu großen Ent­täu­schun­gen.
  • Depression – Beginn der Pro­zess­be­wäl­ti­gung
    „Warum? Das bringt doch nichts.“ Die Unaus­weich­lich­keit der Realität und die Trauer über den Sehverlust führen zu Verzweiflung und Resignation. Emotionen wie Sinnlosigkeit, Hilflosigkeit und Zukunft­s­ängste können auftreten.
  • Akzeptanz
    „Ich kann es nicht mehr ändern, die Seh­be­hin­de­rung gehört zu mir.“ Die Seh­ein­schränk­ung wird angenommen, häufig begleitet von innerer Leere, aber mit einer Bereitschaft, die verbliebenen Fähigkeiten zu nutzen.
  • Aktivität – die Seh­be­hin­de­rung als Teil des Lebens
    Betroffene lernen mit ihrer speziellen Situation zu leben und das Beste aus ihrer Situation zu machen. „Ich habe wieder Spaß am Kochen und kann jetzt Hörbuch hören.“
  • Solidarität
    Betroffene beschäftigen sich nicht mehr nur mit sich selbst. „Ich bin ehrenamtlich für den BBSB tätig.“

Diese Phasen werden nicht als begrenzt und in sich abgeschlossen betrachtet und werden auch nicht von allen Betroffenen in der gleichen Weise durchlaufen. Bei einigen sind manche Phasen nur leicht ausgeprägt oder werden ausgelassen, während andere bestimmte Phasen sehr ausgeprägt durchlaufen. Es kann immer wieder zu Rück­schrit­ten kommen, in denen Betroffene in eigentlich abge­schlos­sene Phasen zurückkehren. Es ist hilfreich, die Phasen zu kennen, um angemessen auf die Bedürfnisse eingehen sowie beraten und helfen zu können.

Wie kann ich in den unter­schied­lichen Phasen reagieren?

  • Ich behalte meine positive Wert­schät­zung (Akzeptanz, emotionale Wärme) grund­sätz­lich bei.
  • Äußerungen (verbal oder nonverbal) beziehe ich nicht auf mich persönlich.
  • Ich zeige Verständnis und lasse die Gefühle der Patientin/des Patienten zu.
  • Ich wahre Grenzen durch Rol­len­kla­r­heit und bleibe dabei freundlich.
  • Ich achte darauf, dass meine Äußerungen und mein Verhalten übereinstimmen (Kongruenz).
  • Ich biete empathisch Ver­ba­li­sie­rungs­hil­fen für Gefühle, die Patienten selbst nicht in der Lage sind zu verbalisieren.
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Unter­stüt­zung leisten

Sie als Angehörige möchten in dieser Situation das Richtige tun. Sie möchten die Betroffenen so gut wie möglich unterstützen. Ihre Unter­stüt­zung ist sehr wichtig und hilfreich. Das Ziel sollte immer sein: Erhaltung der Selbst­ständig­keit.

Geben Sie nur so viel Unter­stüt­zung wie notwendig. Für das Selbst­wert­ge­fühl der Betroffenen ist es sehr wichtig, so selbst­stän­dig wie möglich zu bleiben. Dazu braucht es aber auch das Zutrauen der Angehörigen. Ängstliches Vorweggreifen und Über­für­sorg­lich­keit stehen der Selbst­ständig­keit im Wege und belasten auf Dauer Sie als Angehörige, aber auch die Betroffenen. Wenn es für den Menschen mit Seh­ein­schränk­ung auch alleine geht, sollte jede noch so kleine Handreichung vermieden werden. Dies gilt auch, wenn Sie als Angehörige eine Tätigkeit viel schneller ausführen könnten.

Gebrauch von Hilfsmitteln
Hilfsmittel können die Selbst­ständig­keit gut unterstützen. An dieser Stelle sind Sie als Angehörige sehr wichtig. Sie können Hilfestellung bieten bei:

  • der Sichtung des Angebotes
  • der Beschaffung des Hilfsmittels
  • und beim Einüben der Handhabung des Hilfsmittels

Eine wichtige Aufgabe für Sie als Angehörige ist, die Betroffenen bei der Suche nach neuen Hilfsmitteln zu unterstützen. Klären Sie immer mal wieder ab, ob es etwas (Neues) gibt, das noch mehr Selbst­ständig­keit ermöglicht. Auf Hilfs­mittel­versorgung von seh­be­hin­der­ten Menschen spe­zi­a­li­sierte Augenoptiker, Beratungs­stellen, Reha­bi­li­ta­ti­ons­leh­rer oder die telefonische Beratung der Ver­sand­han­dels­fir­men, sowie Patienten­ver­anstaltungen, Infor­ma­ti­ons­bro­schü­ren und die vielen Informationen auf dieser Website können dabei helfen, einen Überblick über das Angebot und die Mög­lich­kei­ten zu bekommen.

Ein wichtiger Bestandteil des Ent­schei­dungs­pro­zes­ses ist das Ausprobieren jedes Hilfsmittels. Wenn Ihnen als Angehörigen ein Hilfsmittel sinnvoll erscheint, beglücken Sie die Betroffenen bitte nicht einfach damit. Lassen Sie das Hilfsmittel erst ausprobieren, schauen Sie, ob es gut ankommt und als sinnvoll eingeschätzt wird. Für beide Seiten ist die Frustration groß, wenn eine Anschaffung nicht genutzt wird und in der Schublade verschwindet. Manchmal sind Betroffene noch nicht so weit, ein bestimmtes Hilfsmittel anzunehmen. Dies kann auch daran liegen, dass die Erkrankung noch nicht angenommen wurde. Vielleicht ist ein halbes Jahr später die Bereitschaft gewachsen, ein bestimmtes Hilfsmittel doch zu nutzen.

Die Ausstattung mit Hilfsmitteln ist ein Prozess. Dieser ist nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt, denn Situationen, Wünsche und Bedürfnisse sowie die Bereitschaft, sich mit einem Hilfsmittel aus­ein­an­der­zu­set­zen, ändern sich.

Miteinander kommunizieren
Das A und O für eine gute Unter­stüt­zung ist eine gute Kommunikation. Äußerungen wie: „AMD – das ist das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann!“ helfen den Betroffenen nicht, im Gegenteil, sie belasten. Schlecht sehen bedeutet nicht schlecht leben. Auch mit einer AMD kann man die Lebens­qua­li­tät erhalten. Ebenso ist ein Vergleich mit anderen Erkrankungen problematisch: „Krebs ist schlimmer als ein Schlaganfall“, „Nicht sehen ist schlimmer als nicht hören“. Erkrankungen sollten nicht in eine Rangordnung gebracht werden. Wer eine Erkrankung hat, muss sich mit dieser aus­einander­setzen, da hilft es nicht, dass andere Erkrankungen andere Beein­träch­ti­gun­gen mit sich bringen.

In Gegenwart der Betroffenen sollten Sie nicht über deren Situation und Seh­ein­schränk­ung berichten und das Gespräch darüber mit Dritten bestimmen. Nur weil das Sehen ein­ge­schränkt ist, ist das Redevermögen noch lange nicht beein­träch­tigt.

Erkrankungen bewirken Ver­än­de­run­gen in Leben und Alltag der Betroffenen. Aber nicht nur sie müssen sich auf veränderte Situationen einstellen, auch Sie als Angehörige sind in einem hohen Maße betroffen. Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Anpassung an die neuen Gegebenheiten gelingt, ist es, anstehende Fragen in offenen Gesprächen gemeinsam zu klären.

Gute Kommunikation

Wie darüber reden?

Erkrankungen bewirken Ver­än­de­run­gen im Leben und Alltag der Betroffenen. Aber nicht nur sie müssen sich auf veränderte Situationen einstellen, auch Sie als Angehörige sind in einem hohen Maße betroffen. Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Anpassung an die neuen Gegebenheiten gelingt, ist es, anstehende Fragen in offenen Gesprächen gemeinsam zu klären.

Wünsche lassen sich nicht von den Augen ablesen
Schön wäre es, wenn unsere Partner, Ehegatten, Kinder, Freunde, Bekannte und Nachbarn unsere geheimen Wünsche erahnen und uns mit der Erfüllung des Gewünschten überraschen würden. Leider ist dies in der Realität zumeist nicht so. Auch vermeintlich offen­sicht­li­che Wünsche werden oftmals nicht erfüllt, was häufig zu Enttäuschung und Frustration führt. Mit Wünschen, die ausgesprochen werden, können andere Menschen hingegen besser umgehen. Hierauf können und werden sie reagieren, dabei haben sie die Möglichkeit das Gewünschte zu erfüllen, abzulehnen oder aber teilweise zu erfüllen.

Ich-Botschaften
Wichtig bei der Formulierung von Wünschen ist das Wörtchen: Ich – ich wünsche mir, ich benötige, ich hätte gerne etc.
Hilfreich ist es auch, zunächst den Wunsch auszusprechen, ohne ihn gleich wieder zurück­zu­neh­men oder ihn mit Vorwürfen zu verbinden, z.B. „Das geht ja gar nicht, Du hast ja so viel Arbeit! Deine Zeit ist eh schon so knapp“…oder „Du hast mir noch nie einen Wunsch erfüllt. Du machst nie das, was ich gerne möchte".

Zuhören und nachfragen
Wichtig ist es, mit den Wünschen adäquat umzugehen. Zuhören, nachfragen, sich überlegen, ob ich genau verstanden habe, was der Andere meint.

Wünsche sind verhandelbar
Nicht jeder Wunsch kann und muss erfüllt werden. Der Adressat sollte seine eigene Position einbringen. Beispiel: Eine Mutter wünscht sich jeden Tag Besuch von ihrem Sohn. Der Sohn könnte ihr Folgendes anbieten: Einmal in der Woche kommt er zu Besuch und zweimal in der Woche ruft sie bei ihm an.

Wünsche bündeln
Ein Brief muss gelesen werden, ein Knopf ist abgesprungen und muss angenäht werden, das Halt­bar­keits­da­tum der Milch ist unklar, hat die Bluse einen Fleck oder kann sie noch einmal getragen werden? Solche Situationen mit ent­spre­chen­den Wünschen nach Hilfestellung sollten nicht einzeln vorgetragen werden. Wünsche können auf einem Zettel notiert werden. Selbst wenn man die eigene Schrift nicht mehr lesen kann, so können es doch die Anderen. Oft ist es bereits eine große Entlastung für Sie als Angehörige, einen Überblick über die Wünsche zu bekommen und die Erledigung dieser planen zu können.

Absprachen treffen
Viele Wünsche wiederholen sich. Damit nicht ständig neu verhandelt werden muss, können klare Absprachen helfen, z.B. durch einen regel­mä­ßi­gen Besuch einmal in der Woche, bei dem die anstehenden Dinge geklärt werden. Oder durch die Verteilung der Aufgaben: Ob die Klei­dungs­tü­cke gewaschen werden müssen oder noch einmal getragen werden können, kann auch eine Haus­halts­kraft entscheiden.

Absprachen reflektieren
Hilfreich ist es, nach einiger Zeit zu schauen, ob die Absprache sinnvoll war, alle damit zufrieden sind, etwas verändert werden muss oder die Absprachen eingehalten werden.

Denken zulassen – denken bedeutet nicht umsetzen
Konflikte entstehen häufig durch ungeklärte Fragen. Über anstehende wichtige Fragen zu sprechen bedeutet nicht, schon gleich eine Entscheidung zu treffen und die Idee sofort umsetzen zu müssen. Hilfreich ist es schon, über die anstehenden Fragen zu sprechen. Jeder Gesprächs­part­ner kann seine Sichtweise einbringen und wichtige Ent­schei­dun­gen für die Zukunft können in Ruhe beredet werden. Wenn eine Situation eingetreten ist, die eine schnelle Entscheidung verlangt, kann häufig nicht in Ruhe abgewägt werden (Pati­en­ten­ver­fü­gung, Betreu­ungs­voll­macht, Testament, was tun, wenn die Wohnung nicht mehr den Anforderungen genügt, wenn Pflege notwendig wird).

Alternativen suchen – Varianten denken
Zu jeder Lösung eines Problems gibt es eine Alternative. Hilfreich ist es, diese Alternativen zu bedenken, um die bestmögliche Lösung zu finden. Fachleute können dabei helfen, Alternativen aufzuzeigen. Eine Pro- und Contra-Liste hilft, die eigenen Sichtweisen zu klären, zu gewichten und dann Prioritäten her­aus­zu­fin­den.

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Angehörige von Betroffenen fühlen sich manchmal durch die Unter­stüt­zungs­leis­tun­gen belastet

Diese Belastung wahrzunehmen ist ein erster Schritt und das ist positiv. Diese Belastung zu benennen ist der zweite Schritt. Und sich dann zu fragen: „Was wünsche ich mir?“, „Was wünschen wir uns?“, „Was können wir anders organisieren?“, sind wichtige Schritte für ein gutes Miteinander. Je konkreter die Wünsche und Bedürfnisse formuliert werden, desto eher können sie erfüllt oder kann eine Lösung gefunden werden. Ich-Botschaften sind dabei sehr hilfreich. Dann heißt es nicht: „Man könnte…“, „es sollte…“, „es müsste…“, sondern: „Ich möchte…“, „ich wünsche mir…“.

Diese Regel gilt genauso für Betroffene. Je konkreter die Wünsche benannt werden, desto eher werden sie erfüllt: „Ich möchte gerne den Brief vorgelesen bekommen“, „Ich möchte wissen, ob mein Pullover Flecken hat“.

Sie als Angehörige müssen sich bewusst machen, dass Mimik nicht mehr oder nicht ganz genau wahrgenommen und interpretiert werden kann. Dadurch fehlen Aus­drucks­mög­lich­kei­ten, die wir täglich nutzen. Umso wichtiger ist es, Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle zu benennen.

Ent­las­tungs­mög­lich­kei­ten schaffen
Unter­stüt­zung muss nicht zur Belastung werden. Hilfsmittel können eingesetzt werden, die die Selbst­ständig­keit der Betroffenen erhalten. Oder Hilfe von außen kann in Anspruch genommen werden, z. B. eine Haus­halts­hilfe, Maniküre und Pediküre, jemand, der zum Vorlesen kommt, bei Spa­zier­gän­gen begleitet oder die schriftlichen Ange­le­gen­hei­ten erledigt, Rechnungen überweist, Zäh­ler­stände abliest usw.

Entlastung kann aber auch bedeuten, eigene Interessen (wieder) regelmäßig wahrzunehmen: Kegelclub, Kartenrunde, Freunde treffen, Hobbys und Sport. Auszeiten können auch Konzert- und The­a­ter­be­su­che sein, oder eine Verabredung: „In den nächsten zwei Stunden werde ich nicht gestört, da kann ich in Ruhe das tun, was ich möchte“. Auszeiten können aber auch ganz kleine Dinge sein: Sehr bewusst tief ein- und ausatmen; eine Mittagspause, in der das Telefon abgestellt wird; eine Ent­span­nungs­übung vielleicht mit einer Anleitung auf CD; der tägliche Spaziergang.

Auszeiten sind auch für die Betroffenen hilfreich. Das Leben mit einer Seh­ein­schränk­ung ist anstrengend, das Ausgleichen der Seh­ein­schränk­ung bei den alltäglichen Verrichtungen benötigt viel Energie. Kleine Auszeiten helfen, sich wieder zu regenerieren.

Hilfreich kann es auch sein, einen Zettel mit anfallenden Aufgaben und Wünschen der Betroffenen an einem zentralen Ort liegen zu haben. Gerade wenn diejenigen, die unterstützen, nicht im gleichen Haushalt wohnen, können diese nie­der­ge­schrie­be­nen Notizen hilfreich sein. Wenn dann die Familie vorbeikommt, ist klar, was erledigt werden soll und es wird nichts vergessen. Aufgaben werden somit regelmäßig erledigt, z. B. das Vorlesen der Post, Sichtung der Kleidung auf Flecken oder der Zimmerecken auf Spinnweben. Und vielleicht ist es auch gut, bestimmte Zeiten zu verabreden, in denen Wünsche und Aufgaben auf dem Zettel abgearbeitet werden.

Als Angehörige die eigene Belastung wahrzunehmen hilft, Überforderung ent­ge­gen­zu­wir­ken. Wird die Belastung als erdrückend wahrgenommen, kann und sollte pro­fes­si­o­nelle Hilfe in Anspruch genommen werden.

Für Sie als Angehörige ist es eine schwierige Situation, wenn Sie das Gefühl haben, nicht mehr wahrgenommen zu werden. Wenn der Partner Ihre Mimik nicht mehr erkennen und inter­pre­tie­ren kann, Ihre Kleidung, Ihr Aussehen nicht sehen und beachten kann und wenn die AMD-Erkrankung ganz im Mittelpunkt der Beziehung steht und alle anderen Bedürfnisse sich unterordnen. Aber soweit muss es nicht kommen.

Zusam­men­fas­sung

  • Sie als Angehörige sind sehr wichtig bei der Information über Hilfsmittel sowie bei der Beschaffung und dem Einüben der Handhabung.
  • Die Auge­n­er­kran­kung und der Sehverlust müssen akzeptiert und verarbeitet werden, hier sollten Sie als Angehörige geduldig sein.
  • Kommunikation ist wichtig, Wünsche und Bedürfnisse sollten konkret formuliert werden.
  • Sie als Angehörige sollten auch an sich selbst denken, Entlastung ist möglich. Dazu gehören Hilfsmittel, Unter­stüt­zung von Anderen und Auszeiten.