Ver­ant­wor­tungs­vol­ler von Einsatz von KI gefordert

Die Deutsche Oph­thal­mo­lo­gi­sche Gesellschaft e.V. (DOG) und der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA) haben eine umfassende Stellungnahme zu ethischen Aspekten künstlicher Intelligenz (KI) in der Augen­heil­kunde vorgelegt. Ziel ist es, Standards für die Entwicklung, Zulassung und Imple­men­tie­rung von KI-Anwendungen zu setzen, die ärztliche Ent­schei­dun­gen unterstützen und gleichzeitig den Schutz der Pati­en­ten­rechte sicherstellen.

„Die rasante Entwicklung von KI-Systemen bietet großes Potential für die Augen­heil­kunde, sei es bei der Bildanalyse, der Diagnostik oder der Planung von Therapien“, erklärt Professor Dr. med. Claus Cursiefen. „Um dieses Potential ver­ant­wor­tungs­voll aus­zu­schöp­fen, müssen technische, rechtliche und ethische Aspekte von Anfang an berück­sich­tigt werden“, fügt der Gene­ral­se­kre­tär der DOG hinzu.

KI als Chance und Her­aus­for­de­rung

Konkret könne KI insbesondere bei der Analyse großer Bild­da­ten­men­gen unterstützen, die bei­spiels­weise in der Diagnostik von Netz­haut­erkrankungen oder der Ver­laufs­kon­trolle von Glaukomen anfallen. „Damit dies gelingt, ist Qualität und Größe der Daten­grund­lage, auf deren Basis die Systeme lernen, entscheidend. Diese Bilder müssen zwingend eine hohe Qualität haben, damit die KI-Systeme kontrolliert und repro­du­zier­bar angelernt werden können“, so Professor Dr. med. Bernd Bertram, Ehren­vor­sit­zen­der des BVA und Mitglied des Redak­ti­ons­ko­mi­tees.

Ärztliche Erfahrung bleibt unverzichtbar

Die Verantwortung für Diagnosen und Therapien, betonen DOG und BVA, müsse stets bei Ärztinnen und Ärzten liegen. Während KI-Systeme Muster erkennen und präzise Analysen liefern können, bleibe es Aufgabe der Behandelnden, diese Ergebnisse im Kontext der individuellen Pati­en­ten­si­tua­tion zu bewerten. „Das ärztliche Erfah­rungs­wis­sen ist dabei unverzichtbar, auch im Zeitalter der KI“, sagt DOG-Experte Professor Dr. med. Nikolaos Bechrakis, der dem Redak­ti­ons­ko­mi­tee ebenfalls angehörte.

Fehlerquellen und Risiken von KI-Systemen

Auch sind KI-Systeme nicht fehlerfrei. Systematische Verzerrungen in den Trai­nings­da­ten wie die unzureichende Berück­sich­ti­gung bestimmter Altersgruppen oder ethnischer Hintergründe können zu falschen Ergebnissen führen. „Ebenso besteht das Risiko, dass Algorithmen seltene Krank­heits­bil­der übersehen oder aufgrund unvoll­stän­di­ger Daten falsche Diagnosen stellen“, sagt Bechrakis. Es liege in der ärztlichen Verantwortung, diese potenziellen Fehlerquellen zu erkennen und bei der Anwendung von KI-Systemen kritisch zu hinterfragen.

Ethische Prinzipien als Grundlage

Vor diesem Hintergrund formulieren DOG und BVA in ihrer Stellungnahme zentrale Prinzipien für den Einsatz von KI in der Augen­heil­kunde. Dazu zählen unter anderem:

  • Gerechtigkeit: KI-Systeme dürfen keine Gruppen benach­tei­li­gen. Trai­nings­da­ten müssen divers und reprä­sen­ta­tiv sein.
  • Transparenz: Es muss deutlich werden, wie und welche Daten ein KI-System verarbeitet und gege­be­nen­falls weiterleitet.
  • Erklär­bar­keit: KI-Ent­schei­dun­gen müssen nach­voll­zieh­bar sein, insbesondere bei The­ra­pie­emp­feh­lun­gen.
  • Datenschutz: Pati­en­ten­be­zo­gene Daten müssen sicher verarbeitet werden; anonyme Datensätze sind zu bevorzugen.
  • Ärztliche Autonomie: KI darf die Rolle des Arztes und der Ärztin nicht ersetzen, sondern nur unterstützen.

Sicher­stel­lung der Pati­en­ten­au­to­no­mie

Ein weiterer Schwerpunkt der Stellungnahme liegt auf der Wahrung der Pati­en­ten­au­to­no­mie. „Patientinnen und Patienten müssen ausreichend informiert werden, wenn KI-basierte Systeme in ihrer Behandlung eingesetzt werden“, fordert Cursiefen. „Die Entscheidung für oder gegen den Einsatz von KI darf jedoch nicht auf den Patienten oder die Patientin abgewälzt werden, sondern muss immer im Dialog mit dem behandelnden Arzt und der behandelnden Ärztin erfolgen.“

Klare Regeln auch in Haf­tungs­fra­gen

Zudem fordern DOG und BVA klare Regeln für die Zulassung und Imple­men­tie­rung von KI-Systemen. Diese müssen technische Robustheit im Sinne einer geringen Feh­ler­an­fäl­lig­keit und eine vollständige Haf­tungs­klä­rung umfassen. „Die Versorgung der Patientinnen und Patienten steht weiterhin an oberster Stelle. KI als innovative Technologie muss sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für Ärztinnen und Ärzte Vorteile bringen“, stellt Daniel Pleger, 1. Vorsitzender des BVA fest. Er ergänzt: „Wenn solche teuren Systeme in den Alltag integriert werden, bedarf es einer vernünftigen Gegen­fi­nan­zie­rung der Krankenkassen.“

KI mildert Fach­kräf­teman­gel ab

Die gemeinsame Stellungnahme der DOG und des BVA zeigt, dass künstliche Intelligenz die Augen­heil­kunde nachhaltig verändern kann. „Mit klar definierten ethischen Leitlinien kann dieser Wandel eindeutig zum Wohle der Patientinnen und Patienten gestaltet werden“, so Cursiefen. Bei­spiels­weise, indem mehr Zeit für die „sprechende Medizin“ bleibe und der Fach­kräf­teman­gel abgefedert werde.

Link zur voll­stän­di­gen Stellungnahme: https://dog.org/fuer-aerzte/leitlinien-stel­lung­nah­men-empfehlungen/gesund­heits­po­li­tik/stel­lung­nah­men-gesund­heits­po­li­tik/ki-in-der-augen­heil­kunde

Quelle: DOG Pressestelle / BVA Pressestelle

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