Wie­der­her­stel­lung des zentralen Sehvermögens bei fort­geschritt­ener AMD

In einer inter­na­ti­o­na­len klinischen Studie konnte bei Patientinnen und Patienten mit geo­gra­phi­scher Atrophie – einer schweren Spätform der alter­sabhängigen Makula­degeneration (AMD) – erstmals das zentrale Sehvermögen teilweise wie­der­her­ge­stellt werden. Grundlage dafür ist ein innovatives subretinales Mikrochip-Implantat. Über 80 Prozent der Teilnehmenden zeigten deutliche Ver­bes­se­run­gen der Sehschärfe, mehr als 84 Prozent konnten nach der Implantation wieder Buchstaben, Zahlen oder Wörter erkennen. Die Stu­diener­geb­nisse eines inter­dis­zi­pli­nären For­schungs­teams unter Federführung der Augenklinik des Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums Bonn (UKB) und in Zusam­me­n­a­r­beit mit der Universität Bonn wurden nun im renommierten New England Journal of Medicine (NEJM) ver­öf­fent­licht.

Die für die Umwandlung des Lichts in elektrische Impulse ver­ant­wort­li­chen Zellen der Netzhaut sterben bei der AMD ab. Das nur 2 × 2 Millimeter große und 30 Mikrometer dünne PRIMA-Implantat wird unter die Netzhaut im Rahmen eines mikro­chir­ur­gi­schen Eingriffs eingesetzt und ersetzt die Funktion degenerierter Pho­to­re­zep­to­ren. Über eine spezielle Brille wird Infrarotlicht auf das Implantat projiziert, das dieses in elektrische Signale umwandelt. Diese regen verbliebene, intakte Netz­haut­zel­len an, wodurch im visuellen Cortrex des Gehirns optische Wahrnehmungen entstehen.

An der Studie nahmen insgesamt 38 Personen an 17 Kliniken in fünf Ländern teil. Die Ergebnisse zeigen: Bei 81,3 Prozent der Teilnehmenden verbesserte sich die Sehschärfe bereits nach zwölf Monaten signifikant – um mindestens zehn Buchstaben auf der stan­dar­di­sier­ten ETDRS-Sehtafel. Gleichzeitig blieb das natürliche periphere Sehvermögen stabil. Das Implantat wurde insgesamt gut vertragen; die meisten Neben­wir­kun­gen traten innerhalb der ersten acht Wochen auf.

„Diese Ergebnisse markieren einen Meilenstein in der Behandlung der geo­gra­phi­schen Atrophie. Erstmals gelingt es, zentrale Sehfunktionen bei fort­geschritt­ener AMD teilweise zurück­zu­ge­win­nen“, erklärt Erstautor und klinischer Koordinator der Studie Prof. Frank Holz, Direktor der Augenklinik des UKB und Netz­haut­chir­urg, der auch an der Universität Bonn forscht. „Für viele Betroffene eröffnet sich dadurch eine neue Perspektive.“

Auch Dr. Mahi Muquit, Netz­haut­chir­urg am Moorfields Eye Hospital in London und Co-Autor der Studie, betont die Tragweite: „Während bisherige Therapien meist nur das Fortschreiten der Erkrankung bremsen, erlaubt dieser Ansatz erstmals eine partielle Wie­der­her­stel­lung des Sehens – ein echter Para­dig­men­wech­sel.“

Ein unabhängiges Data Safety Monitoring Board sprach sich einstimmig für eine Zulassung der Technologie auf dem europäischen Markt aus. Die Exper­ten­gruppe kam zu dem Schluss, dass der klinische Nutzen die potenziellen Risiken überwiegt.

Die getestete Implan­tat­ver­sion richtet sich an Menschen mit fort­geschritt­ener trockener AMD und Verlust des zentralen Sehens. Weitere Ver­bes­se­run­gen von Bild­ver­a­r­bei­tung und Tragekomfort befinden sich bereits in der Entwicklung. Zulas­sungs­ver­fah­ren in Europa laufen.

Quelle: PRO RETINA For­schungs­newslet­ter

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