Neuer Prä­zi­si­ons­ro­bo­ter für Behandlung bei AMD

Dass medizinische Roboter präziser agieren können als menschliche Fachleute, geben inzwischen sogar viele Chirurginnen und Chirurgen zu. Doch die aufwändige Vorbereitung von Roboter-OPs dauert bislang noch viel zu lang. Der von Prof. Mohammad Ali Nasseri von der Technischen Universität München (TUM) entwickelte neue Roboter-Assistent für Augen-OPs bei alters­be­ding­ter Makula­degeneration (AMD) ist hingegen in nur knapp fünf Minuten startklar. 

Derzeit behandeln Ärztinnen und Ärzte AMD mit Medikamenten, die sie seitlich ins Auge injizieren. Der Roboter ist in der Lage, Spritzen mit einer Abweichung von nur 15 Mikrometern in die 200 Mikrometer dicke Netzhaut zu setzen. Damit landet der Wirkstoff präzise am richtigen Ort und kann dort einen Wachs­tums­fak­tor blockieren, der ungebremst zur Erblindung von Betroffenen führen würde. Aktuell leiden weltweit knapp 200 Millionen Menschen an der Erkrankung, bis 2040 sollen es mehr als 280 Millionen sein. Besonders betroffen sind Menschen über 60 Jahren, unter denen für fast jede zehnte Erblindung AMD die Ursache ist. 

Fünf Minuten Vor­be­rei­tungs­zeit für Roboter und Patientin bzw. Patient

Nasseri forscht am Lehrstuhl für Medizinische Autonomie und Prä­zi­si­ons­chir­ur­gie und gehört zum Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence (TUM MIRMI). Sein Team hat eine fahrbare Plattform mit Drehscheibe und hoch sensiblem Roboterarm entwickelt. Die Sensoren lokalisieren automatisch das Auge und die Iris. „Wir haben die neuronalen Netze entsprechend trainiert, damit der Roboter die für die Operation perfekte Position in weniger als fünf Minuten einnehmen kann“, so Nasseri. Normalerweise dauert die Vorbereitung für Roboter-unterstützte Operationen bis zu eine Stunde. 

Spritzen mit 15-Mikrometer-Genauigkeit machbar 

Zum idealen OP-Vor­be­rei­tungs­pro­zess gehört, dass die bewegliche Plattform zen­ti­me­ter­ge­nau an das Behand­lungs­bett heranfährt, die robotischen Instrumente mil­li­me­ter­ge­nau über dem Bett in Stellung bringt und letztlich mikro­me­ter­ge­nau operieren kann. „Der letzte Schritt ist die größte Her­aus­for­de­rung“, so Nasseri, der für den hochpräzisen „Manipulator“ mit einem japanischen Fer­ti­gungs­un­ter­neh­men zusam­me­n­a­r­bei­tet. Er ist in der Lage, die Spritze mit einer Präzision von 15 Mikrometern zu platzieren. 

Allerdings kann sich das Auge während der Operation trotz Betäubung unwill­kür­lich bewegen. Um diese gering­fü­gi­gen und langsamen Bewegungen zu bemerken, setzen die Forschenden einen optischen Köhä­renz­to­mo­gra­phen (OCT) ein, der andauernd Bilder von der Netzhaut macht. Um diese Bewegung nachzustellen und zu simulieren, ließen die Forschenden ein künstliches Auge Sinus-artige Bewegungen ausführen. Der neue Prä­zi­si­ons­ro­bo­ter schafft es, diese Bewegungen über eine ganze Minute hinweg mitzugehen. So kann das Medikament mit einer Abweichung von 25 Mikrometern eingebracht werden, also 0,025 Millimeter genau. „Das ist immer noch völlig ausreichend für solche Einsätze“, so Prof. Nasseri.

Das TUM Klinikum spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung dieses Roboters. Der Direktor der Abteilung für Augen­heil­kunde, Prof. Peter Charbel Issa, setzt darauf, mit dem Roboter Kom­pli­ka­ti­o­nen wie bei­spiels­weise Entzündungen, die bei der manuellen Verabreichung von Medikamenten auftreten können, zu vermeiden.

Weitere Erprobungen und Tests nötig

Bis allerdings der Roboter seine erste Spritze tatsächlich ins menschliche Auge setzen wird, wird es noch einige Zeit dauern: Im nächsten Schritt wird der Roboter Injektionen an den Augen von toten Schweinen testen, die sehr ähnlich wie die des Menschen aufgebaut sind. Erste Tests an lebendigen Tieren sind Anfang 2026 vorgesehen, ehe in einigen Jahren Menschen ihr erstes Medikament in klinischen Studien injiziert bekommen können.

Mehr Informationen

GRATA heißt das neue Forschungs­projekt von Prof. Ali Nasseri, das das Bun­des­mi­nis­te­rium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) seit Oktober 2025 für die kommenden drei Jahre mit 1,91 Millionen Euro unterstützt. Im Mittelpunkt des von Nasseri aus dem TUM Klinikum koordinierten Projektes steht die Entwicklung einer modularen und KI-gestützten Plattform für die robo­ter­ge­stützte Mikro­chir­ur­gie. Das Ziel des Forschungs­projektes ist, das medizinische Personal darin zu unterstützen, mit robotischen Anwendungen sicher und kompetent umzugehen. Partner sind fortiss, TU Chemnitz, adesso SE, SynthesEyes GmbH, and YOUSE GmbH. Mehr erfahren: https://www.mirmi.tum.de/mirmi/aktuelles/article/robotische-mikro­chir­ur­gie-mil­li­o­nen­foer­de­rung-fuer-ki-lernplattform/

Quelle: idw - Infor­ma­ti­ons­dienst Wissenschaft

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