OrCam als Hilfsmittel bei AMD

Funk­ti­ons­weise

Das OrCam-System besteht aus einer Kamera in der Größe einer Daumenspitze sowie einem steckbaren Laut­spre­cher­mo­dul, die zusammen als eine Einheit an einen Brillenbügel geklippt werden. Über ein unauf­fäl­li­ges Kabel ist ein Minicomputer in der Größe eines Smartphones angeschlossen, der bequem in eine Hosentasche passt. Das System wiegt zirka 200 g, verfügt über eine 8M-Pixel-Kamera; vier Stunden Dauerbetrieb sind laut Hersteller möglich.

In der neueren Version OrCam2 sind Kabel und Basiseinheit nicht mehr notwendig. Hier wiegt das Gesamtsysstem 22,5 g.

Funk­ti­ons­um­fang

Die OrCam kann Texte vorlesen und Produkte oder Personen erkennen. Der OrCam MyReader kann bei­spiels­weise Schilder, Fahrpläne der Deutschen Bahn, Tagespost, Speisekarten und Texte vorlesen. Auf Fingerzeig reagiert das Gerät, indem es den Text fotografiert und ihn ohne Wartezeit automatisch vorliest.

Die OrCam eignet sich auch für blinde Nutzer: Es werden Beschrif­tun­gen und Texte vorgelesen, die sich im Suchfeld der Kamera befinden. Der vorgelesene Text wird anschließend wieder gelöscht.

Mit der OrCam MyEye können Fotos eines Gegenübers aufgenommen und mit Namen abgespeichert werden. Bei der nächsten Begegnung erhalten Nutzer über das System eine akustische Information, um welche Person es sich handelt.

OrCam MyEye hat eine Datenbank mit tausenden Produkt-Barcodes und speichert bis zu 150 vom Nutzer ausgewählte Produkte.

Eine Geldschein- und Farberkennung ist ebenfalls integriert. Die OrCam kann so eine echte Hilfe für blinde und sehbehinderte Menschen darstellen.

Erste Erfahrungen

An diese innovative Entwicklung sind hohe Erwartungen geknüpft. Ob sich diese erfüllen, werden die Erfahrungen der aktuellen Praxisphase nach der Einführung zeigen.

Das AMD-Netz hat für Betroffene und Interessierte eine Veranstaltung zum Thema durchgeführt. Fazit: Das System funktioniert gut und ist einfach zu bedienen. Mit etwas Übung kommen auch ältere Menschen gut damit zurecht. Es kann ein Vorlesesystem ersetzen, wenn nicht sehr viel gelesen wird und Dateien nicht gespeichert werden müssen. Der absolute Vorteil liegt in der Mobilität des Systems.

Besonders gut geeignet scheint die OrCam für sehbehinderte Menschen mit einem Sehrest. Sie können mit dem Sehrest die Kamera gut steuern. Dadurch, dass das Gerät immer einsatzfähig ist, können viele Dinge nebenbei erfasst werden. Dies haben insbesondere Berufstätige als eine sehr gute Ergänzung zu vorhandenen Hilfsmitteln bewertet. Für Senioren war dieser Aspekt in der Testgruppe weniger relevant.

Kosten und Kosten­über­nahme

Mit zirka 3.200 Euro (OrCam MyReader) bis 4.200 Euro (OrCam MyEye) bzw. 4.825 Euro für die OrCam MyEye 2 stellt die OrCam ein relativ teures Hilfsmittel dar, was den breiten Zugang erschwert.

Die OrCam MyEye wurde Ende November 2017 in das Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis der gesetzlichen Kran­ken­ver­si­che­rung (GKV) nach §139 SGB V aufgenommen. Krankenkassen übernehmen die Kosten bei gesetzlicher Blindheit, bei gesetzlich hochgradiger Sehein­ge­schrän­kung allerdings wird im Einzelfall entschieden. Allerdings wird in diesem Fall kein stationäres Vorlesesystem mit anderen Vorteilen zur Verfügung gestellt. Zudem unterscheidet sich die Bewilligung des Systems (MyReader oder MyEye) je nach Krankenkasse.